Vierte Klasse, große Pause. Marco beantwortet die Fragen, die im Poesiealbum seines Freundes stehen. „Was möchtest du einmal werden, wenn du groß bist?“ lautet eine davon. „Lehrer oder Feuerwehrmann“ lautete damals die Antwort des heute 29-Jährigen. Marco Unholzer ist Berufsfeuerwehrmann in Frankfurt am Main geworden. „Es ist mein Traumberuf“, sagt der Birkenauer. Er ist einer von insgesamt rund 1000 Einsatzbeamten der zwölf Berufsfeuerwehrwachen in Frankfurt.
Die Feuerwehr zieht sich wie ein roter Faden durch Marcos Leben. Nachbarn waren und sind immer noch in der Freiwilligen Wehr des Heimatorts aktiv, sein damaliger Kindergarten befindet sich direkt neben dem Feuerwehrgerätehaus. Schon als Neunjähriger hat sich Marco in der Jugendfeuerwehr Birkenau, seiner Heimat, engagiert. Mit 18 Jahren wechselte er schließlich in die Einsatzabteilung der Freiwilligen Feuerwehr und war als Betreuer der Jugendfeuerwehr tätig.

Braucht man denn all diese Erfahrung, um Berufsfeuerwehrmann zu werden?
Nein, das ist ein Irrglaube. Es wird keine Erfahrung vorausgesetzt. Man fängt während der Ausbildung bei null an. Die Erfahrungen in einer Freiwilligen Feuerwehr helfen zwar, aber sie sind nicht notwendig. Bei mir war es anfangs auch einfach nur ein großes Hobby neben der Schiedsrichterei. Als Jugendlicher habe ich in der Schule ein Referat über die Feuerwehr gehalten und bin in diesem Zusammenhang auf die Berufsfeuerwehr gestoßen. Und so ist der Berufswunsch gewachsen. Auf diese Weise konnte ich mein Hobby zum Beruf machen.
„Man ist alles andere als ein Einzelkämpfer.“
Wie hast du dir den Beruf als Kind denn vorgestellt?
Als Kind dachte ich, dass man als Feuerwehrmann bei einem Alarm an einer Stange herunterrutscht und in den großen roten Autos fährt, um Feuer zu löschen.
Und wie viel davon ist wahr?
Das mit der Stange stimmt tatsächlich (lacht), aber ich benutze lieber die Treppe. Das geht genauso schnell. Das mit den Autos stimmt auch, aber es ist weitaus mehr, als „nur“ Feuer zu löschen. Wir kommen dann, wenn der Bürger nicht mehr weiterweiß. Auch technische Hilfeleistungen, Türöffnungen, umgestürzte Bäume, Wasser im Keller, aber auch Einsätze bei Verkehrsunfällen gehören zu unserem Alltag. Und übrigens: Die Vorstellung, dass Feuerwehrleute mit einer Drehleiter Katzen von Dächern oder Bäumen retten, ist ein Klischee, das uns anhaftet. Das kommt tatsächlich äußerst selten vor. Ich denke, es ist ein Überbleibsel aus zahlreichen Darstellungen in Kinderbüchern.
„Frauen in der Feuerwehr sind mittlerweile überhaupt nichts Untypisches mehr. Das war es bestimmt mal, aber heutzutage gibt es Kameraden und Kameradinnen und niemand wundert sich darüber, was auch gut so ist.“
Bleiben wir bei Klischees: Wie sieht es aus mit Frauen in der Feuerwehr? Ist es ein reiner „Männerberuf“? Wenn es das überhaupt gibt …
Frauen in der Feuerwehr sind mittlerweile überhaupt nichts Untypisches mehr. Das war es bestimmt mal, aber heutzutage gibt es Kameraden und Kameradinnen und niemand wundert sich darüber, was auch gut so ist. Der Beruf unterscheidet nicht in Geschlechter, das spielt überhaupt keine Rolle – auch nicht während der Ausbildung. Bewerbungen von Frauen werden sogar besonders begrüßt.
Wie muss man sich die Ausbildung vorstellen? Was gehört dazu?
Ich habe damals nach dem Abitur und vor der Ausbildung zum Feuerwehrmann erst noch eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht. Ein technischer oder handwerklicher Berufsabschluss wird in manchen Städten nämlich als Voraussetzung zum Ausbildungsstart gesetzt. Bei der Berufsfeuerwehr Frankfurt gehören jedoch alle Berufsabschlüsse in Verbindung mit mindestens dem Hauptschulabschluss zu den Voraussetzungen. Bewirbt man sich mit Abitur, wird keine Berufsausbildung vorausgesetzt. Der Feuerwehrgrundlehrgang dauert 24 Wochen. Praxis, wie zum Beispiel feuerwehrtechnische Grundkenntnisse, und Theorie gehören ebenso dazu wie das Schreiben von Facharbeiten und praktische Prüfungen. Außerdem sind zwei Praktika auf Feuerwehrwachen vorgeschrieben, die jeweils 27 Wochen dauern. Darin inklusive ist die Ausbildung zum Rettungssanitäter, denn die Feuerwehr Frankfurt ist auch am Rettungsdienst beteiligt – das ist aber nicht bei jeder Berufsfeuerwehr so. Da gibt es Unterschiede, über die man sich im Vorfeld informieren sollte. Auch der Lkw-Führerschein gehört in den Rahmen der Ausbildung. Die Ausbildung endet schließlich mit der sogenannten Laufbahnprüfung an der Landesfeuerwehrschule mit praktischen und schriftlichen Prüfungsteilen.
Wie sieht dein Alltag als Feuerwehrmann aus?
Einsatztechnisch ist kein Tag wie der andere. Der Beruf ist, was die Einsätze angeht, sehr abwechslungsreich. Deshalb ist es auch mein Traumberuf: Man hat die Abwechslung, man kann etwas Gutes tun und das Arbeitsklima ist fast familiär, weil man die gleiche Gesinnung hat und 24 Stunden zusammen ist. Die Einsätze kommen unvorhergesehen, in Hessen gilt die Hilfsfrist von zehn Minuten. Der Ablauf auf der Wache zwischen den Einsätzen ist hingegen klar strukturiert. Wir arbeiten in einem 24-Stunden-Dienst-Modell, das heißt, wir sind von 7 bis 7 Uhr einsatzbereit. Dieser Dienst gliedert sich wiederum in Arbeitszeit, Bereitschaftszeit, Ausbildungszeit – wir nutzen die Zeit auch für Weiterbildungen – und Dienstsport, denn wir müssen uns körperlich fit halten. Zwischen zwei Diensten sind mindestens 24 Stunden Ruhezeit vorgeschrieben.
„Man darf nicht vergessen, dass viele Einsätze auch für die Rettungsorganisationen belastend sein können, weil man auch mit schwierigen Situationen wie Verkehrsunfälle konfrontiert wird.“
Mit welchen Herausforderungen muss man als Feuerwehrmann klarkommen?
Man darf nicht vergessen, dass viele Einsätze auch für die Rettungsorganisationen belastend sein können, weil man auch mit schwierigen Situationen wie Verkehrsunfälle konfrontiert wird. Da ist es wichtig, sollte man Probleme mit einem belastenden Ereignis haben, im Nachgang mit Kollegen, Freunden oder Familie darüber zu sprechen. Uns stehen aber für solche Situationen bei Bedarf auch Seelsorger der sogenannten psychosozialen Notfallversorgung für Einsatzkräfte zur Seite. Der zunehmende Autoverkehr ist ebenso eine Herausforderung wie das Unverständnis von Autofahrern, die beispielsweise kein Verständnis für Straßensperrungen haben und diese missachten. Das Arbeiten in einer Großstadt wie Frankfurt ist nochmal eine Herausforderung für sich, weil dort viele große Firmen angesiedelt sind, die ein anderes Gefahrenpotenzial liefern, oder auch jede Menge an Hochhäuser. Natürlich ist die Anzahl der Menschen auch höher und geballter, als auf dem Land. Das Unvorhersehbare ist auch eine Herausforderung, die ich aber mag – deshalb macht mir der Beruf auch sehr viel Spaß.
Was sollte man mitbringen, wenn man diesen Beruf ausüben möchte?
Man muss dazu bereit sein, im Schichtdienst zu arbeiten. Man sollte etwas technisches und handwerkliches Verständnis mitbringen, weil das die Ausbildung erleichtert. Natürlich sollte man Interesse an der Feuerwehr – und bei uns in Frankfurt auch am Rettungsdienst – haben, aber ich denke sonst würde man sich auch nicht für diesen Beruf interessieren. Außerdem sollte man teamfähig sein, denn man ist während des gesamten Dienstes zusammen und alles andere als ein Einzelkämpfer.
Mehr Informationen zur Feuerwehrarbeit in Frankfurt gibt es unter www.feuerwehr-frankfurt.de